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    Alter Rhein in Hohenems beim Diepoldsauer Bad, 2021
    Dietmar Walser, Hohenems

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    Susi Mehl, um 1938
    Lern-App Fliehen vor dem Holocaust. © _erinnern.at_ (https://www.erinnern.at/app-fliehen)

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    Alter Rhein in Hohenems beim Diepoldsauer Bad, 2021
    Dietmar Walser, Hohenems

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    Sophie Haber, 1997
    Lern-App Fliehen vor dem Holocaust. © _erinnern.at_ (https://www.erinnern.at/app-fliehen)



20    Susi Mehl> 28. Oktober 1938


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20 Susi Mehl

 „Mein Glück hatte einen Namen. Paul Grüninger“ Der Altacher Fluchthelfer Edmund Fleisch bringt Susi Mehl über die Grenze
Hohenems, 28. Oktober 1938

 Am 28. Oktober 1938 kommt die sechzehnjährige Sophie Haber, damals noch Susi Mehl, nach Hohenems um in die Schweiz zu fliehen. Ihre Familie war 1930 aus Krakau nach Wien übersiedelt und führte dort eine Metzgerei. Sophie Habers Flucht, gemeinsam mit einem Ehepaar und dessen Kindern, haben ihre Brüder organisiert. Sie sind schon unmittelbar nach dem „Anschluss“ im März 1938 in die Schweiz geflohen. Der Altacher Fluchthelfer Edmund Fleisch bringt sie von Hohenems bis zur Grenze. Der Gruppe gelingt es, über den Alten Rhein nach Diepoldsau hinüber zu kommen. In St. Gallen sorgt Paul Grüninger dafür, dass sie bleiben kann und sich die Israelitische Flüchtlingsvorsorge um sie kümmert. 1941 heiratet sie den Wiener Emigranten Karl Haber, mit dem sie 1945 nach Wien zurückkehrt. Sophie Haber engagiert sich in der Kommunistischen Partei – und auch für die Rehabilitierung Paul Grüningers, die sie 1995 noch erleben kann.
1997 erzählt Sophie Haber in einem Interview der Shoah Foundation von ihrer Flucht.

„Es war ein Glück, dass ich nur dieses kleine Tascherl bei mir gehabt hab, weil das war ein Ehepaar, wie gesagt, mit zwei Kinder, das eine war drei Jahre alt und das andere war fünf Jahre alt, sechs Jahre alt, und die Eltern, und wie wir so, wir sind fast eine Stunde durch Felder gegangen, es war Oktober, nass, wir sind bis daher in der nassen Erde fast versunken, geackerte Erde, Felder, nass, feucht, wo wir bis daher versunken sind. Ich hab das Kind getragen, das kleinere, die Mutter hat die größere Tochter an der Hand geführt, und der Mann die Koffer, die haben Gepäck bei sich gehabt, und ich das Kind, und Gott sei Dank die Tasche konnte ich so drunter halten mit den fünf Schilling, das war mein Vermögen, und so sind wir bis zur Grenze, und da an der Grenze hat er gesagt, so jetzt gehen Sie grad aus weiter, gradaus und auf der anderen Seite ist Diepoldsau und dort werden sie auch erwartet. Und ich kann mich dunkel erinnern, wir sind gradaus gegangen, das waren die Auen, die Auen vom alten Rhein, da war wenig Wasser und diese alte, die Auen waren geschützt, oder es war so ein großer Damm, über den mussten wir auf allen Vieren herüberklettern und sind auf der anderen Seite herunter und das war schon die Schweiz und da sind wir gradaus weitergegangen und sind wir tatsächlich nach Diepoldsau gekommen.

 [...] ich hab Glück gehabt und mein Glück hat einen Namen, und der Name ist Paul Grüninger, er hat mir das Leben gerettet. Ich bin dann zu ihm, ich hab mein Schicksal erzählt, also aus Wien gekommen, ein Zustand, der für mich ja problematisch schon geworden ist, ich hab hier meine drei Brüder und ob ich dableiben kann. Ich seh ihn vor mir, ich seh das Zimmer, sein Büro vor mir, da der Schreibtisch, wir sind da bei der Tür, da sind wir bei [der] Tür hereingekommen, und er links steht vor mir, mit seinem Zwicker, hat damals noch so Zwicker gehabt, und die Hände so nach rückwärts verschränkt, er schaut mich an und sagt: ‚Geh auf die Flüchtlingshilfe. Die Sache werd ich erledigen.‘ Aus, das war’s und so bin ich in der Schweiz geblieben.“[1]

 Auch Susi Mehls Eltern kommen im November nach Hohenems und versuchen mit Schleppern über den Alten Rhein zu gelangen. Doch zweimal werden sie an der Grenze von Schweizer Polizei abgewiesen. Auch Grüninger kann nicht mehr helfen. Er steht schon unter wachsendem Druck.
Das Leben ihrer Eltern endet in Auschwitz.

Links:
Mehr über die Geschichte von Susi Mehl/Sophie Haber findet sich auf der website von erinnern.at:
https://www.erinnern.at/app-fliehen/zeitzeugen/sophie-haber

und auf: 

https://www.phlu.ch/_Resources/Persistent/6/2/1/9/6219e7c439a86cefc60f2173d8c82c52ec7010a8/Lehrerhandreichung_Sophie_Haber.pdf

 


[1]  © Interview 1997 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Los Angeles.

Sophie Haber mit ihrem Ehemann Karl Haber 1942 in Degersheim bei St. Gallen

Sophie Haber mit ihrem Ehemann Karl Haber1942 in Degersheim bei St. Gallen
© Privatbesitz Sophie Haber, Paul Haber

 

Interview mit Sophie Haber 1997 (geboren 1922 in Krakau als Susi Mehl) 
USC Shoah Foundation for Visual Histpry and Education, Los Angeles

https://vimeo.com/267235380

 

20 Susi Mehl

 „Mein Glück hatte einen Namen. Paul Grüninger“ Der Altacher Fluchthelfer Edmund Fleisch bringt Susi Mehl über die Grenze
Hohenems, 28. Oktober 1938

 Am 28. Oktober 1938 kommt die sechzehnjährige Sophie Haber, damals noch Susi Mehl, nach Hohenems um in die Schweiz zu fliehen. Ihre Familie war 1930 aus Krakau nach Wien übersiedelt und führte dort eine Metzgerei. Sophie Habers Flucht, gemeinsam mit einem Ehepaar und dessen Kindern, haben ihre Brüder organisiert. Sie sind schon unmittelbar nach dem „Anschluss“ im März 1938 in die Schweiz geflohen. Der Altacher Fluchthelfer Edmund Fleisch bringt sie von Hohenems bis zur Grenze. Der Gruppe gelingt es, über den Alten Rhein nach Diepoldsau hinüber zu kommen. In St. Gallen sorgt Paul Grüninger dafür, dass sie bleiben kann und sich die Israelitische Flüchtlingsvorsorge um sie kümmert. 1941 heiratet sie den Wiener Emigranten Karl Haber, mit dem sie 1945 nach Wien zurückkehrt. Sophie Haber engagiert sich in der Kommunistischen Partei – und auch für die Rehabilitierung Paul Grüningers, die sie 1995 noch erleben kann.
1997 erzählt Sophie Haber in einem Interview der Shoah Foundation von ihrer Flucht.

„Es war ein Glück, dass ich nur dieses kleine Tascherl bei mir gehabt hab, weil das war ein Ehepaar, wie gesagt, mit zwei Kinder, das eine war drei Jahre alt und das andere war fünf Jahre alt, sechs Jahre alt, und die Eltern, und wie wir so, wir sind fast eine Stunde durch Felder gegangen, es war Oktober, nass, wir sind bis daher in der nassen Erde fast versunken, geackerte Erde, Felder, nass, feucht, wo wir bis daher versunken sind. Ich hab das Kind getragen, das kleinere, die Mutter hat die größere Tochter an der Hand geführt, und der Mann die Koffer, die haben Gepäck bei sich gehabt, und ich das Kind, und Gott sei Dank die Tasche konnte ich so drunter halten mit den fünf Schilling, das war mein Vermögen, und so sind wir bis zur Grenze, und da an der Grenze hat er gesagt, so jetzt gehen Sie grad aus weiter, gradaus und auf der anderen Seite ist Diepoldsau und dort werden sie auch erwartet. Und ich kann mich dunkel erinnern, wir sind gradaus gegangen, das waren die Auen, die Auen vom alten Rhein, da war wenig Wasser und diese alte, die Auen waren geschützt, oder es war so ein großer Damm, über den mussten wir auf allen Vieren herüberklettern und sind auf der anderen Seite herunter und das war schon die Schweiz und da sind wir gradaus weitergegangen und sind wir tatsächlich nach Diepoldsau gekommen.

 [...] ich hab Glück gehabt und mein Glück hat einen Namen, und der Name ist Paul Grüninger, er hat mir das Leben gerettet. Ich bin dann zu ihm, ich hab mein Schicksal erzählt, also aus Wien gekommen, ein Zustand, der für mich ja problematisch schon geworden ist, ich hab hier meine drei Brüder und ob ich dableiben kann. Ich seh ihn vor mir, ich seh das Zimmer, sein Büro vor mir, da der Schreibtisch, wir sind da bei der Tür, da sind wir bei [der] Tür hereingekommen, und er links steht vor mir, mit seinem Zwicker, hat damals noch so Zwicker gehabt, und die Hände so nach rückwärts verschränkt, er schaut mich an und sagt: ‚Geh auf die Flüchtlingshilfe. Die Sache werd ich erledigen.‘ Aus, das war’s und so bin ich in der Schweiz geblieben.“[1]

 Auch Susi Mehls Eltern kommen im November nach Hohenems und versuchen mit Schleppern über den Alten Rhein zu gelangen. Doch zweimal werden sie an der Grenze von Schweizer Polizei abgewiesen. Auch Grüninger kann nicht mehr helfen. Er steht schon unter wachsendem Druck.
Das Leben ihrer Eltern endet in Auschwitz.

Links:
Mehr über die Geschichte von Susi Mehl/Sophie Haber findet sich auf der website von erinnern.at:
https://www.erinnern.at/app-fliehen/zeitzeugen/sophie-haber

und auf: 

https://www.phlu.ch/_Resources/Persistent/6/2/1/9/6219e7c439a86cefc60f2173d8c82c52ec7010a8/Lehrerhandreichung_Sophie_Haber.pdf

 


[1]  © Interview 1997 USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Los Angeles.

Sophie Haber mit ihrem Ehemann Karl Haber 1942 in Degersheim bei St. Gallen

Sophie Haber mit ihrem Ehemann Karl Haber1942 in Degersheim bei St. Gallen
© Privatbesitz Sophie Haber, Paul Haber

 

Interview mit Sophie Haber 1997 (geboren 1922 in Krakau als Susi Mehl) 
USC Shoah Foundation for Visual Histpry and Education, Los Angeles

https://vimeo.com/267235380

 

Kurzbiografien der genannten Personen

Susi Mehl geboren 10.7.1922 in Krakau, gestorben als Sophie Haber 22.8.2012. 1930 übersiedelte ihre Familie von Krakau nach Wien, wo sie eine Metzgerei betrieben. Am 28.10.1938 gelang es ihr mit Hilfe des Altacher Fluchthelfers Edmund Fleisch bei Hohenems, zusammen mit einer Familie mit zwei Kindern, über die Grenze zu fliehen. 1941 heiratete sie den Wiener Emigranten Karl Haber, mit dem sie 1945 nach Wien zurückkehrte und sich in der Kommunistischen Partei engagierte, später auch für die Rehabilitierung von Paul Grüninger.

Edmund Fleisch geboren 11.3.1910, gestorben 2.9.1992. Der aus Altach stammende Edmund Fleisch arbeitete als Hilfsarbeiter in der Stickereiindustrie und verdiente sich mit Schmuggel etwas hinzu. 1938 gehörte er zu den Fluchthelfern in Vorarlberg, die nicht zuletzt bedrohten Jüdinnen und Juden über die Grenze in die Schweiz halfen. Dabei arbeitete er unter anderem mit Recha Sternbuch in St. Gallen zusammen. 1939 fand er Arbeit als Eisendreher in Friedrichshafen und wenig später wurde er eingezogen und diente fünf Jahre als Soldat in Griechenland, Russland und Italien, bevor er schließlich nach dem Krieg als Planierraupenfahrer arbeitete.