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    Rohröffnung auf der Lustenauer Seite, 2021
    Dietmar Walser, Hohenems

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    Deutscher Grenzschutz in der Nähe der Lustenauer Rohrs, um 1940
    Foto: Robert Schlachter, Historisches Archiv Lustenau

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    Josef Hagen, um 1940
    Historisches Archiv Lustenau

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    Grenzwächter an der Absperrung am Rohr, um 1940
    Foto: Robert Schlachter, Historisches Archiv Lustenau

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    Geöffnete Absperrung am Rohr, 2021
    Dietmar Walser, Hohenems

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    Grenzmarkierung am Rohr, 2021
    Dietmar Walser, Hohenems



17    Josef Hagen> 31. Mai 1944


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17 Josef Hagen

Am Rohr erschossen. Der Lustenauer Deserteur Josef Hagen
Lustenau, 31. Mai 1944

Am 10. Oktober 1944 werden drei Lustenauer vom Landesgericht Feldkirch schuldig gesprochen, einem „aus dem Militärdienst entwichenen Soldaten hilfreiche Hand geboten und dadurch die Fortsetzung seiner Flucht begünstigt zu haben“. Die Mutter des Flüchtlings Josef Hagen, Regina Hagen, wird zu vier Monaten, Hermann Hofer, ein Onkel des Geflüchteten und sein Bekannter Johann König werden zu sechs und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.

Josef Hagen hatte im Mai 1944 Heimaturlaub erhalten und wollte nicht wieder an die Front zurückkehren, nachdem sein Bruder am 30. Mai 1944 als Soldat vermisst gemeldet wurde. Seine Mutter überzeugte mit Hilfe Hermann Hofers einen, wie das Urteil ausführte, „gewieften Schmuggler“ ihrem Sohn zu helfen, „und ihm den besten Übertritt in die Schweiz beim Rohr zu zeigen.“ Das Rohr, das bis heute einen Entwässerungskanal über den Alten Rhein führt, war schon vor dem Beginn des Krieges als Fluchtroute benutzt worden. Inzwischen war der Übergang auf dem Rohr mit einem Gitter versperrt. Was blieb war der Weg durch das Rohr.

„Johann König hat sich mit dem fahnenflüchtigen Josef Hagen getroffen und wurde er beobachtet, wie er mit dem Fahnenflüchtigen etwa 50 m vom Röhrenkanal entfernt stand und ihm das Rohr als Fluchtweg zeigte. Josef Hagen wurde beobachtet, wie er hierauf gegen den Röhrenkanal zu in das Wasser stieg und dort verschwand. Der Hilfszoll-Betriebsassistent Willibald Hofer, der der Beobachter dieser Vorgänge war, feuerte 9 Schuss in die Kanalöffnung, weil er vermutete, dass Josef Hagen diesen Kanal als Fluchtweg in die Schweiz benützte. Er beobachtete auch Johann König auf dem Damm stehend, wie dieser nach dem Röhrenkanal schaute, was auch nach dem Zugeständnis des Johann König seine Aufgabe war, sich in Grenznähe zu begeben, um sich zu überzeugen, ob die Fahnenflucht gelungen sei.“[1]

Josef Hagen hatte kein Glück gehabt. Durch die Schüsse des Hilfszöllners schwer verletzt erreichte er zwar die Schweiz. Aber er starb noch am selben Tag im Krankenhaus von Altstätten. Die Gefängnisstrafen seiner Angehörigen und des Fluchthelfers wurden, nach einer Aufhebung des Urteils durch das Oberlandesgericht in Innsbruck, noch verschärft. Die Haft Johann Königs auf 15 Monate Zuchthaus erweitert. Er saß bis zum Kriegsende im Konzentrationslager. 

Links:

Flucht- und Zufluchtsorte von Wehrmachtsdeserteuren. Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck: "Mutter, ich rücke nicht mehr ein". https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/flucht-und-zufluchtsorte-von-wehrmachtsdeserteuren/geschichten/mutter-ich-ruecke-nicht-mehr-ein.html

Ein Historischer Radrundweg führt in Lustenau zu 17 Schauplätzen der Geschichte, von den Anfängen der Besiedlung bis in die Gegenwart, darunter auch zur Remise der elektrischen Straßenbahn oder zu den Fluchtwegen am alten Rhein. https://www.lustenau.at/de/freizeit/kultur/historisches-archiv/historischer-radrundweg


[1] Zitiert nach Hanno Platzgummer: „Josef Hagen (1919-1944). Tod auf der Flucht vor dem Tod“, in: Hanno Platzgummer, Karin Bitschnau, Werner Bundschuh (Hg.), „Ich kann einem Staat nicht dienen der schuldig ist…“ Vorarlberger vor den Gerichten der Wehrmacht, Dornbirn 2011, S. 59.

 


Installation von Margit-Bartl Frank am Rohr, Mai 2015, Foto: Margit Bartl-Frank

 


Beschädigte Installation von Margit Bartl-Frank am Rohr, August 2015, Foto: Margit Bartl-Frank

17 Josef Hagen

Am Rohr erschossen. Der Lustenauer Deserteur Josef Hagen
Lustenau, 31. Mai 1944

Am 10. Oktober 1944 werden drei Lustenauer vom Landesgericht Feldkirch schuldig gesprochen, einem „aus dem Militärdienst entwichenen Soldaten hilfreiche Hand geboten und dadurch die Fortsetzung seiner Flucht begünstigt zu haben“. Die Mutter des Flüchtlings Josef Hagen, Regina Hagen, wird zu vier Monaten, Hermann Hofer, ein Onkel des Geflüchteten und sein Bekannter Johann König werden zu sechs und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.

Josef Hagen hatte im Mai 1944 Heimaturlaub erhalten und wollte nicht wieder an die Front zurückkehren, nachdem sein Bruder am 30. Mai 1944 als Soldat vermisst gemeldet wurde. Seine Mutter überzeugte mit Hilfe Hermann Hofers einen, wie das Urteil ausführte, „gewieften Schmuggler“ ihrem Sohn zu helfen, „und ihm den besten Übertritt in die Schweiz beim Rohr zu zeigen.“ Das Rohr, das bis heute einen Entwässerungskanal über den Alten Rhein führt, war schon vor dem Beginn des Krieges als Fluchtroute benutzt worden. Inzwischen war der Übergang auf dem Rohr mit einem Gitter versperrt. Was blieb war der Weg durch das Rohr.

„Johann König hat sich mit dem fahnenflüchtigen Josef Hagen getroffen und wurde er beobachtet, wie er mit dem Fahnenflüchtigen etwa 50 m vom Röhrenkanal entfernt stand und ihm das Rohr als Fluchtweg zeigte. Josef Hagen wurde beobachtet, wie er hierauf gegen den Röhrenkanal zu in das Wasser stieg und dort verschwand. Der Hilfszoll-Betriebsassistent Willibald Hofer, der der Beobachter dieser Vorgänge war, feuerte 9 Schuss in die Kanalöffnung, weil er vermutete, dass Josef Hagen diesen Kanal als Fluchtweg in die Schweiz benützte. Er beobachtete auch Johann König auf dem Damm stehend, wie dieser nach dem Röhrenkanal schaute, was auch nach dem Zugeständnis des Johann König seine Aufgabe war, sich in Grenznähe zu begeben, um sich zu überzeugen, ob die Fahnenflucht gelungen sei.“[1]

Josef Hagen hatte kein Glück gehabt. Durch die Schüsse des Hilfszöllners schwer verletzt erreichte er zwar die Schweiz. Aber er starb noch am selben Tag im Krankenhaus von Altstätten. Die Gefängnisstrafen seiner Angehörigen und des Fluchthelfers wurden, nach einer Aufhebung des Urteils durch das Oberlandesgericht in Innsbruck, noch verschärft. Die Haft Johann Königs auf 15 Monate Zuchthaus erweitert. Er saß bis zum Kriegsende im Konzentrationslager. 

Links:

Flucht- und Zufluchtsorte von Wehrmachtsdeserteuren. Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck: "Mutter, ich rücke nicht mehr ein". https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/flucht-und-zufluchtsorte-von-wehrmachtsdeserteuren/geschichten/mutter-ich-ruecke-nicht-mehr-ein.html

Ein Historischer Radrundweg führt in Lustenau zu 17 Schauplätzen der Geschichte, von den Anfängen der Besiedlung bis in die Gegenwart, darunter auch zur Remise der elektrischen Straßenbahn oder zu den Fluchtwegen am alten Rhein. https://www.lustenau.at/de/freizeit/kultur/historisches-archiv/historischer-radrundweg


[1] Zitiert nach Hanno Platzgummer: „Josef Hagen (1919-1944). Tod auf der Flucht vor dem Tod“, in: Hanno Platzgummer, Karin Bitschnau, Werner Bundschuh (Hg.), „Ich kann einem Staat nicht dienen der schuldig ist…“ Vorarlberger vor den Gerichten der Wehrmacht, Dornbirn 2011, S. 59.

 


Installation von Margit-Bartl Frank am Rohr, Mai 2015, Foto: Margit Bartl-Frank

 


Beschädigte Installation von Margit Bartl-Frank am Rohr, August 2015, Foto: Margit Bartl-Frank

Kurzbiografien der genannten Personen

Josef Hagen geboren 11.3.1919 in Lustenau, gestorben 31.5.1944 in Altstätten. Hagen war im Mai 1944 als Wehrmachtssoldat auf Heimaturlaub bei seiner Familie in Lustenau, als er die Nachricht erhielt, dass sein Bruder als vermisst gemeldet wurde. Am sogenannten „Rohr“ bei Lustenau, einem Kanal, der vom Schweizerischen Diepoldsau durch den Alten Rhein hindurch auf österreichisches Gebiet geführt wird, versuchte er am 31. Mai mit der Hilfe Johann Königs hinüber in die Schweiz zu fliehen. Von deutschen Grenzbeamten angeschossen starb er noch am gleichen Tag in der Schweiz im Spital.

Johann König geboren 9.2.1887 in Lustenau, Todesdatum unbekannt. Johann König arbeitete als Landwirt und war dem Deserteur Josef Hagen bei seinem Fluchtversuch im Mai 1944 behilflich. Dafür wurde König am 10.10.1944 zu 15 Monaten Zuchthaus verurteilt und war bis zum Kriegsende im Konzentrationslager inhaftiert.