17 Josef Hagen
Am Rohr erschossen. Der Lustenauer Deserteur Josef Hagen
Lustenau, 31. Mai 1944
Am 10. Oktober 1944 werden drei Lustenauer vom Landesgericht Feldkirch schuldig gesprochen, einem „aus dem Militärdienst entwichenen Soldaten hilfreiche Hand geboten und dadurch die Fortsetzung seiner Flucht begünstigt zu haben“. Die Mutter des Flüchtlings Josef Hagen, Regina Hagen, wird zu vier Monaten, Hermann Hofer, ein Onkel des Geflüchteten und sein Bekannter Johann König werden zu sechs und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.
Josef Hagen hatte im Mai 1944 Heimaturlaub erhalten und wollte nicht wieder an die Front zurückkehren, nachdem sein Bruder am 30. Mai 1944 als Soldat vermisst gemeldet wurde. Seine Mutter überzeugte mit Hilfe Hermann Hofers einen, wie das Urteil ausführte, „gewieften Schmuggler“ ihrem Sohn zu helfen, „und ihm den besten Übertritt in die Schweiz beim Rohr zu zeigen.“ Das Rohr, das bis heute einen Entwässerungskanal über den Alten Rhein führt, war schon vor dem Beginn des Krieges als Fluchtroute benutzt worden. Inzwischen war der Übergang auf dem Rohr mit einem Gitter versperrt. Was blieb war der Weg durch das Rohr.
„Johann König hat sich mit dem fahnenflüchtigen Josef Hagen getroffen und wurde er beobachtet, wie er mit dem Fahnenflüchtigen etwa 50 m vom Röhrenkanal entfernt stand und ihm das Rohr als Fluchtweg zeigte. Josef Hagen wurde beobachtet, wie er hierauf gegen den Röhrenkanal zu in das Wasser stieg und dort verschwand. Der Hilfszoll-Betriebsassistent Willibald Hofer, der der Beobachter dieser Vorgänge war, feuerte 9 Schuss in die Kanalöffnung, weil er vermutete, dass Josef Hagen diesen Kanal als Fluchtweg in die Schweiz benützte. Er beobachtete auch Johann König auf dem Damm stehend, wie dieser nach dem Röhrenkanal schaute, was auch nach dem Zugeständnis des Johann König seine Aufgabe war, sich in Grenznähe zu begeben, um sich zu überzeugen, ob die Fahnenflucht gelungen sei.“[1]
Josef Hagen hatte kein Glück gehabt. Durch die Schüsse des Hilfszöllners schwer verletzt erreichte er zwar die Schweiz. Aber er starb noch am selben Tag im Krankenhaus von Altstätten. Die Gefängnisstrafen seiner Angehörigen und des Fluchthelfers wurden, nach einer Aufhebung des Urteils durch das Oberlandesgericht in Innsbruck, noch verschärft. Die Haft Johann Königs auf 15 Monate Zuchthaus erweitert. Er saß bis zum Kriegsende im Konzentrationslager.
Links:
Flucht- und Zufluchtsorte von Wehrmachtsdeserteuren. Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck: "Mutter, ich rücke nicht mehr ein". https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/flucht-und-zufluchtsorte-von-wehrmachtsdeserteuren/geschichten/mutter-ich-ruecke-nicht-mehr-ein.html
Ein Historischer Radrundweg führt in Lustenau zu 17 Schauplätzen der Geschichte, von den Anfängen der Besiedlung bis in die Gegenwart, darunter auch zur Remise der elektrischen Straßenbahn oder zu den Fluchtwegen am alten Rhein. https://www.lustenau.at/de/freizeit/kultur/historisches-archiv/historischer-radrundweg
[1] Zitiert nach Hanno Platzgummer: „Josef Hagen (1919-1944). Tod auf der Flucht vor dem Tod“, in: Hanno Platzgummer, Karin Bitschnau, Werner Bundschuh (Hg.), „Ich kann einem Staat nicht dienen der schuldig ist…“ Vorarlberger vor den Gerichten der Wehrmacht, Dornbirn 2011, S. 59.
17 Josef Hagen
Am Rohr erschossen. Der Lustenauer Deserteur Josef Hagen
Lustenau, 31. Mai 1944
Am 10. Oktober 1944 werden drei Lustenauer vom Landesgericht Feldkirch schuldig gesprochen, einem „aus dem Militärdienst entwichenen Soldaten hilfreiche Hand geboten und dadurch die Fortsetzung seiner Flucht begünstigt zu haben“. Die Mutter des Flüchtlings Josef Hagen, Regina Hagen, wird zu vier Monaten, Hermann Hofer, ein Onkel des Geflüchteten und sein Bekannter Johann König werden zu sechs und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.
Josef Hagen hatte im Mai 1944 Heimaturlaub erhalten und wollte nicht wieder an die Front zurückkehren, nachdem sein Bruder am 30. Mai 1944 als Soldat vermisst gemeldet wurde. Seine Mutter überzeugte mit Hilfe Hermann Hofers einen, wie das Urteil ausführte, „gewieften Schmuggler“ ihrem Sohn zu helfen, „und ihm den besten Übertritt in die Schweiz beim Rohr zu zeigen.“ Das Rohr, das bis heute einen Entwässerungskanal über den Alten Rhein führt, war schon vor dem Beginn des Krieges als Fluchtroute benutzt worden. Inzwischen war der Übergang auf dem Rohr mit einem Gitter versperrt. Was blieb war der Weg durch das Rohr.
„Johann König hat sich mit dem fahnenflüchtigen Josef Hagen getroffen und wurde er beobachtet, wie er mit dem Fahnenflüchtigen etwa 50 m vom Röhrenkanal entfernt stand und ihm das Rohr als Fluchtweg zeigte. Josef Hagen wurde beobachtet, wie er hierauf gegen den Röhrenkanal zu in das Wasser stieg und dort verschwand. Der Hilfszoll-Betriebsassistent Willibald Hofer, der der Beobachter dieser Vorgänge war, feuerte 9 Schuss in die Kanalöffnung, weil er vermutete, dass Josef Hagen diesen Kanal als Fluchtweg in die Schweiz benützte. Er beobachtete auch Johann König auf dem Damm stehend, wie dieser nach dem Röhrenkanal schaute, was auch nach dem Zugeständnis des Johann König seine Aufgabe war, sich in Grenznähe zu begeben, um sich zu überzeugen, ob die Fahnenflucht gelungen sei.“[1]
Josef Hagen hatte kein Glück gehabt. Durch die Schüsse des Hilfszöllners schwer verletzt erreichte er zwar die Schweiz. Aber er starb noch am selben Tag im Krankenhaus von Altstätten. Die Gefängnisstrafen seiner Angehörigen und des Fluchthelfers wurden, nach einer Aufhebung des Urteils durch das Oberlandesgericht in Innsbruck, noch verschärft. Die Haft Johann Königs auf 15 Monate Zuchthaus erweitert. Er saß bis zum Kriegsende im Konzentrationslager.
Links:
Flucht- und Zufluchtsorte von Wehrmachtsdeserteuren. Ein Projekt des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck: "Mutter, ich rücke nicht mehr ein". https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/flucht-und-zufluchtsorte-von-wehrmachtsdeserteuren/geschichten/mutter-ich-ruecke-nicht-mehr-ein.html
Ein Historischer Radrundweg führt in Lustenau zu 17 Schauplätzen der Geschichte, von den Anfängen der Besiedlung bis in die Gegenwart, darunter auch zur Remise der elektrischen Straßenbahn oder zu den Fluchtwegen am alten Rhein. https://www.lustenau.at/de/freizeit/kultur/historisches-archiv/historischer-radrundweg
[1] Zitiert nach Hanno Platzgummer: „Josef Hagen (1919-1944). Tod auf der Flucht vor dem Tod“, in: Hanno Platzgummer, Karin Bitschnau, Werner Bundschuh (Hg.), „Ich kann einem Staat nicht dienen der schuldig ist…“ Vorarlberger vor den Gerichten der Wehrmacht, Dornbirn 2011, S. 59.